26. Dezember

Fotos Sylvia Waldfrau

Heute Morgen, ein stiller Morgen. Raureif pudert den Garten, nur ein fernes Glockenläuten weht herüber, kein Lärm stört die Idylle. Der Vollmond steht noch tief am Himmel aber der Tag kündigt sich an.

Zeit nach den fröhlichen und lauten Feiern und Schlemmen etwas innere Ruhe zu finden. Nach der Vollmondnacht folgt nun ein klarer Tag, die Sonne geht auf und ich freue mich auf ein gemütliches Atemholen bei einer frisch aufgebrühten Tasse Kaffee und auf einen geruhsamen, friedlichen Tag.

 

An den Mond

Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud‘ und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd‘ ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!

Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!

Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

Johann Wolfgang von Goethe

 

Heute am 17.12.

Fotos: Sylvia Waldfrau

Man könnte eher an Ostereier suchen denken, als an Weihnachtsgeschenke einpacken, so warm ist heute hier. Wir haben Fön und im Garten blühen die Primeln und die ersten grünen Spitzen der Schneeglöckchen schieben sich aus der Erde und Kräuter wachsen auch noch nach.

Null Weihnachtsstimmung. Wir saßen eine Stunde mit einem Kaffee im Park auf der Bank in der Sonne und haben uns gebräunt. Seltsam diese Stimmung eine Woche vor Weihnachten:

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Der Rohraff

Wir hatten einmal eine Kneipe in Kehl die hatte den Namen „Rohraff“

„Der Rohraffe beschimpfte sowohl die Gläubigen als auch den Klerus in der Kirche. In Strasbourg und Freiburg gibt es zur Erinnerung noch so einen „Scherzregister“ an der Orgel. Solche Register mit durchaus tieferer Bedeutung haben eine lange Tradition im Orgelbau. An der Gabler-Orgel in Ochsenhausen erscheint ein Ochse der “Kuckuck” ruft, an den Orgeln in den Münstern zu Straßburg und Freiburg droht der “Rohraffe”, im Trierer Dom flötet gar Gott Pan, an der Tauberbischofsheimer Orgel grunzt die “Tauberkröte”.

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Als diese Kneipe zur Verpachtung ausgeschrieben wurde spielten wir und eine befreundete Journalistin gerade mit der Idee eine Kneipe aufzumachen. Einer der den Pfarrer verspottet und Gegenrede zur Predigt führt, der erschien uns mehr als passend als Namensgeber dafür. Das entsprach unserer eigenen Einstellung. So wurden wir Pächter. Die Idee war mit Kunst, Musik, Theater und Lesungen ein kulturell interessiertes Publikum zu begeistern. Kontakte zur Szene hatten wir genug. Ein Weinstube sollte es sein mit guten Weinen aus Baden und dem Elsaß und natürlich Spirituosen aus aller Welt.

Zur Eröffnung gab es die erste Vernissage mit Bildern von Künstlern aus der Ortenau. Eine Freundin von uns, auch ein Fachwerkhausliebhaberin und Malerin und weitere örtliche Künstler stellten gerne bei uns aus. Aus Baden-Baden kamen viele Gäste vom Rundfunk und von SWR3.  Es wurde ein voller Erfolg.

Es folgten viele Wochenenden mit Veranstaltungen. Ein Abend mit irischer Musik, mit vielen irischen und englischen Gästen vom Europarat, die uns fast den gesamten Vorrat an irischem Whiskey austranken. Eine Vernissage mit Bildern von Kindern aus einem Kinderheim auf Zypern mit Versteigerung zugunsten des Heims und das Knast-Theater Freiburg spielte bei uns. Lesungen von Gedichten und Büchern und auch Vorträge von politisch kritischen Journalisten rundeten das Programm ab. Meine Partner reisten viel für ihre Reportagen und bauten die Kontakte auf. Weitere Musikabende, Ausstellungen und Lesungen reihten sich aneinander.

Wir hatten romantische Vorstellungen von der Möglichkeit zu guten Gesprächen und Kontakten mit der Kneipe. Das war aber sehr schwierig zu gestalten, denn wir hatten kaum Zeit dazu. Wir waren alle weiterhin in unseren Berufen tätig. Meine Partner waren journalistisch tätig, mein Freund außerdem als Musiker unterwegs, ich arbeitete als Buchhändlerin. Die Organisation fraß enorm viel Zeit. Die Vorräte mussten eingekauft, die Räume gewischt, die Küche gewienert und die Events publik gemacht werden. Und dann am Abend waren wir Bedienung und Barpersonal in einem.

Man glaubt nicht was man dann nächtens an der Bar so alles erzählt bekommt. Man ist dann auch noch Seelendoktor der verlorenen Herzen. An der Grenze gab es damals längere Öffnungszeiten und ab 2 Uhr nachts kamen dann oft die Einsamen und die Frustrierten. Hinter der Bar stehend konnte man den Gesprächen nicht ausweichen und hörte alle Dramen dieser Welt. Mit dem Anstieg des Alkoholpegels wurden die Hemmungen immer geringer das Innere nach Außen zu kehren. Um Vier war endlich Schluß und dann war man meist totmüde und selbst reif für eine Therapie.

Nach zwei Jahren waren wir uns einig, dass dies nicht so unser Metier sei. Bei allem Erfolg und dem Spaß an den Kontakten wurde uns klar dass dies ein Vollzeitjob ist und keiner von uns wollte seinen Beruf aufgeben. Die Romantik war verloren gegangen. So gaben wir das Projekt erleichtert auf.

Nicht lange danach, in Irland, fing dann die Geschichte mit dem Musikinstrumenten-Import an. Nachzulesen in meinem älteren Beitrag „Wie wir zu Dudelsack-Importeuren wurden“.