Zwei Gesichter

Foto: Serge Lutens

Eingehüllt in Resignation war ich sprachlos geworden. Die Stille war eine trügerische, denn in mir brodelte es. Ich fühlte nur eine große Unzufriedenheit, die ich nicht genau benennen konnte.  Ein war ein nur scheinbar gelassenes Abwarten und auf ein nahes Ende Hoffen.

Heute mit einer Explosion, ausgelöst durch ein paar dumme Worte, platzte die Stille und ein Wortschwall voller Zorn sprudelte heraus. Ich las einmal: „Stehst du am Abgrund dann siehst du tief und weit“. Dieses Gefühl hatte ich, ich sah all das Verborgene und Tiefverschüttete in mir und der Blick nach vorn in die Weite erschien so hoffnungslos. Der Frust der letzten Monate kam ungebremst an die Oberfläche. Steh hinter dir, wenn du von vorn angegriffen wirst, heißt ein Spruch. Ich stand nicht hinter mir, ich stand weit, weit vor mir, exponiert, kämpferisch und voller Wut.

So hat man zwei Gesichter und ab und an kann man beide erkennen und muss sich eingestehen, dass man nicht immer friedliebend und ausgleichend ist, sondern eben auch eine verbal böse Seite hat, wenn man angegriffen wird und sich verteidigen muss. Immerhin ist meine Sprache zurückgekehrt, ich kann wieder ausdrücken was mich bewegt. Adrenalin scheint meinem Hirn gut zu tun, was nicht bedeutet, dass ich solche Situationen häufiger erleben möchte, denn körperlich ist das verdammt anstrengend.

 

Sprachlos

Erstarrt und sprachlos sitzt man da, wenn die Worte nur noch ins Leere laufen, wenn Sprache als Waffe angesehen wird, jede Aussage, jede Information als Angriff wahrgenommen wird. Man wälzt die Sätze, versucht den eigenen Aussagen nachzuhören, versucht zu fühlen wie es ankommt, stellt immer wieder hilflos fest dass das Gegenüber nur Vorwürfe empfängt und sachliche Aussagen nicht mehr wahrnehmen will.

Aus Verzweiflung entsteht dann Wut. Wut ist aber nie ein guter Ratgeber. Die Stimme wird laut und lauter, es hallt in den eigenen Ohren. Die Worte werden hart und ungerecht und nun entstehen noch mehr Mißverständnisse, die Schranken schließen sich noch mehr.

Am Ende verstummt man und schweigt, wird still. Selbst ein „Hallo“ bleibt in der Kehle stecken. Man füllt den Bauch mit all den unausgesprochenen Worten. Man verweigert sich, umgeht Auseinandersetzungen und Gespräche. Im Kopf entsteht ein Stau, die Zähne zusammen gebissen wird man zur Zeitbombe. Es kostet unendlich viel Energie diese im Zaum zu halten.

Wenn diese platzt dann richtet sich die Macht der gesprochenen Sprache auch gegen dich und vernichtet alle Ansätze für eine positive Kommunikation.

Schlimm, wenn du keinen Weg mehr aus dieser Misere weißt.

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Fotos: Sylvia Waldfrau