Where ever I go

Fotos: Sylvia Waldfrau

 

 

 

Vielleicht bin ich verpflichtet zu wandern
Von einem Ort zum nächsten
Der Himmel weiß warum
Aber im wilden Blau da drüben
Dein Stern ist in meinem Himmel fixiert

Nur eine Bar an einer Kreuzung
So weit von zuhause
Aber das ist in Ordnung
Wann immer ich eine dunkle Straße hinuntergehe
Ich fühle mich nicht alleine in der Nacht

Es gibt einen Platz in meinem Herzen
Obwohl wir weit voneinander entfernt sind
Möchtest du es immer wissen
Egal wie lange ich dich gesehen habe
Ich werde für dich eine Flamme halten
Wohin ich auch gehe

Sie schauen hier hinein
Sie ziehen die Jalousien herunter
Aber sie lassen dich eine Weile bleiben
Sie werden sich nicht erinnern

Jetzt muss ich dich verlassen, Bruder
Also diese Runde gehört mir
Hier schaut dich doch irgendwie an
Du kannst weiter gehen und noch einen haben
Sie werden keine Zeit anrufen
Ich werde mich jetzt verabschieden

Es gibt einen Platz in meinem Herzen
Obwohl wir weit voneinander entfernt sind
Möchtest du es immer wissen
Egal wie lange ich dich gesehen habe
Ich werde für dich eine Flamme halten
Wohin ich auch gehe

Ne me quitte pas

Foto: Serge Lutens

Zur Komplettierung der Balladen hier eine letzte. An diese habe ich sehr intensive Erinnerungen. Lang, lang ist es her…………..

Verlass mich nicht
Man muss vergessen
Alles was man vergessen kann
was sich bereits verflüchtigt hat
Vergiss die Zeit
der Missverständnisse
und die verlorene Zeit
in der man wusste wie
Vergiss die Stunden
in denen uns manchmal
das warum jagte
Glücksherz
verlass mich nicht
Ich, ich schenke dir
Perlen aus Regen
die aus dem Land kommen
in dem es niemals regnet
Ich öffne die Erde
bis an mein Lebensende
Um deinen Körper
mit Gold und Licht zu bedecken
Ich schaffe ein Gebiet
wo die Liebe König sein wird
wo die Liebe König sein wird
Wo du Königin sein wirst
Verlass mich nicht
Verlass mich nicht
Ich werde dir absurde
Worte erfinden
die du verstehen wirst
Ich werde mit dir über
deine Liebhaber sprechen
die wir zwei mal gesehen haben
Ihre Herzen umarmen sich
Ich werde dir die Gesichte
dieses Königs erzählen
Und der Tod wird dich niemals treffen können
Verlass mich nicht
Wir haben oft
das strahlende Feuer
des alten Vulkans gesehen
Von man glaubt er sei zu alt
Es ist wie immer gleich
die verbrannte Erde
gibt kein Weizen mehr
Wie schön der April
und wenn der Abend
mit einem flammendem Himmel kommt
das Rot und das Schwarz
Verstoß ihn nicht
Verlass mich nicht
Verlass mich nicht
Ich will nicht mehr weinen
Ich will nicht mehr reden
Ich werde mich hier niederlegen
um dir beim Tanzen und Lächeln zuzuschauen
und um dir beim Singen und dann beim Lachen zuzuhören
Lass mich werden
Schatten deines Schatten
Schatten deiner Hand
Schatten deines Hundes
Verlass mich nicht

Onkel Herbert

In fast jeder Familie gibt es sie, die ungewöhnlichen, schrulligen Mitglieder. Bei uns war es Onkel Herbert, der ewige Junggeselle. Er war ein hagerer Mann mit scharfen, wettergegerbten Gesichtszügen. Immer im Anzug mit Schirmmütze, könnte er als Vorbild für Nick Knatterton gedient haben:

Nick-Knatterton

Zusammen mit der Familie seines Bruders, wohnte er in einem alten Schloß in der bayrischen Provinz. Eigentlich war es eher ein burgähnliches Gebäude mit sehr hohen Räumen, alten Kachelöfen, knarrenden Türen und Sälen anstatt Zimmern. Es gibt sogar ein aktuelles Foto davon:

Schloss_Unterthingau-001.jpg

Wir Kinder liebten die Eingangshalle, denn da hing eine Schaukel, mit der man sich bis zur meterhohen Decke schwingen konnte. Das kitzelte so wunderschön im Bauch. Das Haus war für uns geheimnisvoll. Es wirkte etwas verstaubt und die eher dunklen Räume schienen viele Geschichten erzählen zu können.

Aber nun zu Onkel Herbert. Er trug immer Anzüge mit Knickebockern und die dazu passende Schirmmütze, wie diese drei Herren hier:

knickerbockers

Alles war aus dem selben Stoff geschneidert. In der riesigen Küche stand, neben dem alten großen Schloßofen sein Webstuhl.

Webstuhl

Dort webte er die Stoffe selbst und nähte sich anschließend daraus die Anzüge samt passender Mütze. Die Stoffe hielten ein Leben lang. Etwas steif und hart fanden wir sie, denn wir waren moderne weiche Stoffe gewohnt. Ob er die passenden Kniestrümpfe auch noch strickte weiß ich allerdings nicht. Zutrauen würde ich ihm auch das. Auf jeden Fall waren sie immer farblich passend. Er war also ein Weber und Schneider aber außerdem auch noch ein sehr fleißiger Maler.

In den sehr großen  Räumen hingen alle Wände voll mit altmodischen Ölgemälden, die unser Onkel selbst gemalt hatte. Berg- und Naturmotive waren seine Leidenschaft, ähnlich diesem Gemälde:Franz-van-der-Glas-1878-1964.jpg

Kaum ein Zentimeter Wand war in den Räumen noch zu sehen. Er war ungeheuer produktiv. Auch die Rahmen fertigte er selbst. Meine Schwester hat heute noch ein Gemälde von ihm. Zum Malen fuhr Onkel Herbert mit seinem VW-Käfer in die Berge. Einmal durften wir ein Stück mit ihm fahren. Dies war ein Erlebnis der anderen Art. Man dachte man könne neben dem Käfer herlaufen, so langsam tuckerte er durch die Landschaft. Manch gefährliches Überholmanöver löste er damit aus, aber er fuhr stoisch, unaufgeregt und langsam wie eine Schnecke weiter vor sich hin und erreichte immer sein Ziel. Zeit schien ihm nicht wichtig zu sein. Mit im Gepäck hatte er seinen Skizzenblock und die Staffelei. Außerdem Körbe zum Sammeln. Denn er war ein begnadeter Beeren- und Pilzesammler. Dann saß er einen Teil des Tages vor seiner Staffelei um Entwürfe zu fertigen und danach ging er zum Sammeln. Ohne etwas mitzubringen kam er nie nach Hause und Tante Hildegard, seine Schwägerin, kochte anschließend Kompott aus den Waldbeeren oder trocknete die Steinpilze auf langen Schnüren.

Als Kind fand ich ihn immer etwas unheimlich und unnahbar. Aber wenn ich heute an ihn denke, dann wird mir bewusst, dass er war ein ganz besonderer Mensch mit enormen künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten war. Offensichtlich hat er nie eine Frau gefunden, die seine Eigenheiten liebte oder ergänzte und so blieb er Junggeselle und wurde bestimmt von vielen Menschen als verschrobener Kauz abgestempelt. Ihn schien das aber niemals zu stören. An seine Stimme kann ich mich nicht erinnern, ich vermute deshalb, dass er ein eher schweigsamer Mensch war. Mit uns Kindern konnte er vermutlich damals auch nicht viel anfangen.

Heute allerdings könnte ich seine Art schätzen, würde mich bestimmt sehr gerne mit ihm unterhalten, ihn nach seinen Erinnerungen und Erfahrungen fragen und würde seine vielfältigen Fähigkeiten bewundern.

Rhythm and Blues/ Neue Zeit

Im Quasimodo, einer Jazzkneipe in Berlin, lernte ich ihn kennen. Nach all der Folkmusik fand ich zurück zum Jazz. Nach der Trennung von meinem langjährigen Lebensgefährten reiste ich alleine und besuchte viele Städte und Konzerte. Mehrmals flog ich einige Tage nach Berlin, damals noch mit einer amerikanischen Fluggesellschaft, die deutschen durften Berlin damals nicht anfliegen. Nach einem Konzert von Slickaphonics, die ich schon von den Straßburger Jazztagen kannte, gab es noch einen Late-Night-Drink in meinem Lieblingsjazzclub.

So begegnete er mir. Ich liebte zuerst sein Saxophonspiel, wenn ich ehrlich bin. Die Band war aus Liverpool und spielte Rhythm and Blues. Ein Freund war auch da, der die Band kannte und so kamen wir ins Gespräch.Wir unterhielten uns an dem Abend über englische Gedichte und er zitierte einige frei aus dem Kopf. Das imponierte mir und wir fanden uns sehr sympathisch und trafen uns wieder. So entstand meine erste und einzige Wochenendbeziehung. Freitag nach der Arbeit trank ich eine Kanne Kaffee, setzte ich mich in meinen klapprigen, quitschgelben R4, der Ernie hieß, da ich auf dem Kofferraum den großen Adler von „Ernie Ball“ aufgeklebt hatte und reiste der Band nach.

Das Auto hatte ich für 300 DM gekauft, die Musikanlage darin kostete damals ein Vielfaches. Ich fuhr also, mit dröhnender Musik, da das Auto so laut klapperte, quer durch die südliche Hälfte der Republik und der Schweiz um ihm nahe zu sein. Das war mein Lieblingslied zu der Zeit:

Lustig war es immer in der Schweiz. Erst beim drittletzten Song geriet das Publikum außer Rand und Band. Ein seltsamer Anblick, die sonst so gemütlichen und etwas steifen Schweizer, auf den Tischen tanzen zu sehen. Die Band war live einfach mitreißend und wir kamen immer erst gegen Morgen in die Federn. Vorher konnte keiner schlafen, denn nach dem Konzert war immer die beste Stimmung und alle hellwach. So lernte ich das Nachtleben und viele nette Nachteulen der Städte kennen.

Uhrig_Donnelly

Ein Jahr lang hielt ich es durch, dann war ich es müde immer unterwegs zu sein. Ich kannte nun alle Clubs von Mannheim und Frankfurt bis Basel und trank zuviel Kaffee mit Cognac um bis morgens wach zu bleiben. An den Liverpooler Slang hatte ich mich inzwischen gewöhnt, aber nicht an das Tourleben. Privatleben war rar und ich saß mehr in Clubs und trank mehr als mir lieb war. Aber ich möchte die Zeit nicht missen.

Übrigens, die Band gibt es immer noch, wenn auch in immer wieder wechselnder Formation:

Eine Reise lang zuvor

Fotos: Sylvia Waldfrau

 

 

P1040998Erinnerungsreise

Klänge von Musik eröffnen den Traum, die Reise in den Kopf. Türen öffnen sich wieder, Erinnerungen tauchen auf, sanft und leise. Alles erscheint wieder gewaltig vor dem inneren Auge, der Weg ist hell und klar.

Das Meer rauscht leiser werdend bei jedem Schritt ins sanfte Grün des Schattens, vorbei geht es bedächtig an den weisen alten Bäumen mit ihrer zerknitterten Haut, ihrer zersausten Wildheit und dem samtenen Moos zu ihren Füßen. Ein Märchenreich. Im Licht und Schatten scheinen die Feen und ihre Königin zu schweben. Die bemoosten Steine sind ihr Garten, die Baumwipfel ihr Schloss. Wie Dome ragen die Wipfel in den Himmel mit ihren gewaltigen Kronen voller Geheimnisse. Wie Säulen von Tempeln strecken sich die Äste in den Himmel. Tempel zu Ehren der Schöpfung.

Weiter langsam und bedächtig. Lautlos der Schritt, versinkend im Moos. Da, der Bach erglitzert weich im Lichtspiel der brechenden Sonnenstrahlen. Leise plätschert er vor sich hin, Geschichten erzählend von der weiten Reise, von der klaren Luft der Berge, dem sanften Wiegen des Moorgras, von peitschendem Wind und rauschenden Fall, vom kühlen Schatten der Wälder und vom monotonen Rauschen des Regens, von der reglos erstickenden Stille des Nebels. Uralt und doch immer neu klingt die Weise des Baches die er singt.

Die bemoosten Steine lauschen unendlich geduldig, die, die manchmal einen kleinen Teil, einen Sandkorn mit auf die Reise geben, zu fernen Stränden, zum Meer. Der Farn neigt seine zarten Spitzen, erzittert im leichten Wind, lauscht auch geduldig dem Plätschern. Ergeben und doch voller Kraft neigt sich das satte Grün zum Wasser und zum Licht.

Jede Sekunde ist voller Macht, eine stille unendlich sanfte Macht. Der ewige Kreislauf. Es nimmt die Angst vor dem Sterben. Was kann es Schöneres geben als Teil dieses Kreislaufs zu sein und auf die Reise zu gehen.  Teil dieser satten dunklen Erde zu sein, durch die Wurzeln dieser Dome emporzustreben, im hellen grün der Blätter über die wogende Weite zu sehen, Schatten zu spenden und Kühle, sanft im Festgewand aller Farben hinab zu schweben, vom Wind getragen zu werden., auf den Wirbeln im Wasser zu reiten, zu tanzen zu diesen Klängen, einzutauchen in das klare kühle Wasser, zart verblassend zu Erdfarben werdend, mitgetragen von Millionen glitzernden Tropfen, weich dahinschwebend an einen neuen Ort. Nahrung zu sein, Teil des ewigen Kreislaufs. Staub zu sein im Universum.

Irland 1980

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Irishe Wildnis Irlandurlaub 2007 TraumwaldP1040579CIMG1498

Fotos: Sylvia Waldfrau

Ein Haus in Irland

Vorab: ein paar Fotos sind Kopien und sehr alt und haben deshalb einen antiken Touch  🙂

Auf einer unserer Fahrten entlang des Ring of Beara mit unserem VW Bus entdeckten wir, als wir einen Schlafplatz suchten und uns, auf einem schmalen Weg Richtung Meer, zwischen den hohen Fuchsienhecken durchzwängten ein altes, leerstehendes Haus.P1060498

Wie im Dornröschenschlaf war der Eingang zugewuchert und der Garten verwildert. Wir traten durch das verfallene Türchen in den Vorgarten und wurden von einem atemberaubenden Blick auf das Meer überrascht. Die Lage war wunderbar, das Haus etwas marode, aber keine Ruine. Unser Interesse war geweckt, denn es war unser Traum ein Haus in Irland zu haben. Mein Freund, als Musiker, trat oft in Irland auf und wir suchten deshalb dort ein zweites Domizil.Eyeries.5

Im oberhalb liegenden Dorf Eyeries erkundigten wir uns wem das Haus gehört und erfuhren, dass es vor Jahren ein Hamburger wohl auf Grund eines Fotos gekauft hatte, einmal kam und danach nie wieder gesehen wurde. Den Namen kannte niemand, nur der Notar wurde uns genannt, der den Kauf abgewickelt hatte. Es war eine Sisyphusarbeit den Besitzer herauszufinden. Der war beim Anblick des Hauses wohl so geschockt gewesen, dass er froh war, die „Hütte“ wie er sie nannte, loszuwerden. Und so wurden wir stolze Besitzer eines Hauses an der Westküste von Irland. So sah das Haus vor der Renovierung aus:P1060497

Das Dorf Eyeries war klein, hatte nur eine Kirche, eine Tankstelle, einen kleinen Lebensmittelladen, aber natürlich drei Pubs. Patricks Pub (jeder dritte dort heißt Patrick) wurde unsere Stammkneipe, dort lernten wir die dann die meisten Einwohner kennen und schlossen einige Freundschaften.Patricks Pub.Eyeries

Manchen Abend sangen wir dort mit den Iren zusammen lange Balladen am offenen Kamin. A pint of Guiness oder ein Glas mit einem guten irischen Whiskey in der Hand wurden wir in die Dorfgeschichten eingeweiht. Ein 80jähriger, fast ohne Zähne,  nuschelte mir damals dort einen Heiratsantrag ins Ohr. „Slàinte“ erwiderte ich nur und lachte.

Das Haus auszubauen war viel Arbeit und die Beschaffung von Material abenteuerlich. Wir deutschen Standard gewohnt, hatten genaue Vorstellungen. Die Iren staunten, wenn wir Material suchten oder schüttelten den Kopf. Doppelglasfenster, was ist das? Bodenisolierung??? Braucht man das? Unsere Wasserleitung wurde überirdisch über die Schafs- und Kuhweiden gelegt. Kam kein Wasser, dann war eine Kuh darauf getreten. Durch den Golfstrom ist der Winter mild und ohne Bodenfrost . Trotzdem schachteten wir den Boden im Haus etwas aus, da es wegen dem felsigem Untergrund keine Keller gibt, und  bestellten Kies. Die Männer des Dorfes kamen täglich und wollten das deutsche Bauwunder erklärt haben. Unser zwei auf vier Meter großes Panoramafenster wurde aus Dublin angeliefert und der Lkw brauchte eine Stunde nur vom Dorf zum Haus und zurück. Rückwärts musste er sich seinen Weg zurückbahnen. Leider war dann das Doppelglasfenster undicht und so holten sie es im nächsten Frühjahr wieder ab und lieferten ein neues. Wir waren Gesprächsstoff Nummer Eins im Dorf. Das Dach wurde abgedeckt, neue Ziegel sollten verlegt werden. In dieser Nacht gab es Sturm, der Regen fiel wie ein Wasserfall und unsere Plastikplane über dem Dach bekam Löcher. Eine Nacht lang stellten wir Wannen und Schüsseln auf und leerten sie alle Stunden. Als später die Ziegel ausgingen, da hieß es im Baustoffhandel in Castletownbere, dass es zwei Monate ginge bis sie neue hätten. Also bestellten wir diese auch in Dublin und erneut quälte sich ein Lkw über unseren engen, holperigen Weg zum Haus.

 

Lovely weather, isn’t it? wurden wir immer überall im Dorf begrüßt und dann frug man nach dem Baufortschritt. Unser gelber VW-Bus war auch nicht zu übersehen und waren wir damit unterwegs, nickten sie uns mit einem kurzen Kopfrücken nach links zu. Am Anfang konnte ich diese Bewegung nicht einordnen, aber da es alle taten, fingen wir an das auch zu üben. Das war ihr Gruß. Öfters hielt uns auch jemand an. Einmal streckte uns ein wirklich alter Mann seinen Stock in den Weg und ließ sich mitnehmen. Nach 500m holten wir seine Schafherde ein, da stieg er wieder aus und trieb sie weiter. Sein Geruch hing noch eine Weile im Auto. Lovely smell, isn’t it? scherzten wir und rissen die Fenster auf.

Als dann am Haus endlich alles fertiggestellt war, fing die erholsame Zeit an und wir genossen jeden Tag in unserer zweiten Heimat. Viele Jahre verbrachten wir dort, manchmal mehrere Monate am Stück und fanden viele gute Freunde. Leider gibt es vom fertigen Haus nur Dias, es war ein Schmuckstück geworden.

Es gibt da noch die ein oder andere Geschichte aus dieser Zeit zu erzählen……….

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Blick aus unserem Panoramafenster aufs Meer. Morgens weckte uns häufig das Blöken der Schafe und jeden Abend sahen wir einen spektakulären Sonnenuntergang. Sonnenuntergang.1

 

Liebste Mama

Wir hatten es nicht immer leicht miteinander. Ich ging meine frühen Lebensjahre meist an Papas Hand durch das Leben. Er war mein Ein und Alles. Vielleicht spürte ich auch, dass ich kein Wunschkind war. Geboren in einer Zeit des Aufbruchs und der Unsicherheit wohin die Reise gehen wird, war ich nicht geplant. Du musstest dann ja auch mit drei kleinen Kindern deine Heimat verlassen und das mit wenig im Gepäck. Papa war teilweise nicht anwesend und du hast eine Menge Sorgen alleine tragen müssen.

Nach unserer Aussiedlung und der Ankunft in Oberschwaben hast du dich zum Organisationsgenie entwickelt und trotz dem Wenigen das wir hatten, ging es uns Kindern immer gut. Ich erinnere mich, dass ihr längere Zeit auf Luftmatratzen geschlafen habt, während wir Kinder schon eigene Betten hatten. Du hast dich nie beklagt.

Was hast du nicht alles mit uns unternommen: Rodeln und Schlittschuhlaufen im Winter, sommerliches Baden mit Picknick , Wandern, Basteln und Malen zu jeder Jahreszeit. Du kanntest sehr viele alte Lieder und hast uns damit einen großen Schatz geschenkt. Auf Ausflugsfahrten verkürzten wir uns mit Singen die Zeit und auch zu Hause war Musik unser Begleiter. Nur beim Skifahren hast du gekniffen, das musste uns der Papa, der leidenschaftliche Bergmensch, beibringen. Da bist du oft alleine zu Hause geblieben, hast dich aber nie beschwert.

Dein Erziehungsstil war damals für die 60er Jahre extrem modern. Tolerant und liebevoll hast du uns begleitet und niemals gegängelt. So konnten wir unsere Grenzen selbst herausfinden und eigene Erfahrungen sammeln. Wir sind selbstbewusste und sehr eigenständige Menschen geworden. Wenn Papa allzu streng war, dann warst du der Gegenpol und hast deinen Willen durchgesetzt. Freundinnen beneideten mich, da du niemals Unterschiede zwischen unserem Bruder und uns Mädchen machtest und wir unsere Freunde nach Hause bringen durften. Meine Pubertätssünden und meinem Freiheitsdrang hast du sicherlich schwer ertragen, aber mit Langmut und Geduld überstanden.

Als Ehefrau warst du eher ein Lamm. Papa war in Sachen Ehe sehr altmodisch. Oft haben wir Töchter dir mehr Widerspruchsgeist gewünscht. Für uns hast du gekämpft, für dich selbst hast du es nicht geschafft.  Damals sind wir uns endlich näher gekommen, denn ich, als sehr emanzipierte junge Frau, stieß Papa von seinem hohen Sockel und protestierte gegen seine altmodische Einstellung. Das lief aber meist ins Leere.

Erst nach der Silberhochzeit, als wir alle aus dem Haus waren, hast du die Ehefesseln abgestreift und bist einfach gegangen obwohl Scheidungen in deiner Umgebung noch selten waren.  Später trafst du dann einen Mann der sehr liebevoll alle deine Wünsche erfüllte. Damit warst du uns dann ein großes Vorbild  dafür, dass man selbst im höheren Alter noch den Mut haben soll etwas Neues zu wagen. Leider verstarb dein zweiter Mann nach wenigen Jahren und du bist in eine Depression gefallen.

Damals entschied ich mich wieder in deine Nähe nach Oberschwaben zu ziehen. Die Liebe zu deinen Enkeln hat dich wieder aufgebaut. Du warst eine herzliche und wunderbare Oma und mir, als Alleinerziehende, eine große Stütze. Mit meiner Tochter verband dich eine sehr innige Seelenverwandtschaft. Da warst du oft ein Puffer, wenn ich mit ihr aneinander geriet. Du bist viel gereist, warst in den USA,  in Nigeria und danach in Namibia , wo unser Bruder lebte und arbeitete und dann immer wieder bei deinem Schulfreund in Canada, der deine späte glückliche Liebe wurde. Du hast mit ihm, für dein Alter ungewöhnlich, eine Fernbeziehung gelebt.

Danach musstest du den viel zu frühen Tod deines Sohnes, unseres Bruders, verkraften und bist daran fast zerbrochen. Trotz allem warst du auch in dieser Zeit für uns alle da. Die Familie und dein lieber Freundeskreis, den du sehr pflegtest, hat dich umsorgt und aufgefangen und dich, trotz aller Trauer, wieder zu einem lebensfrohen und sehr beliebten Menschen gemacht.

Bis kurz vor deinem Tod bist du immer aktiv gewesen. Tanzen, Reisen und mit Freunden wandern waren deine Passionen. Nach kurzer, sehr schwerer Krankheit gingst du knapp über 70 Jahre alt von uns und das riß ein riesengroßes Loch in unser Leben. Beerdigt wurdest du am Tag von 9/11 und ich dachte sofort an deine Worte: „Nie wieder Krieg“ und dass dich diese Grausamkeit schrecklich beunruhigt hätte.

Für uns warst du ein großes Vorbild. Nach der Lösung aus den Fesseln der gesellschaftlichen Konventionen hast du sehr selbstbestimmt und frei gelebt. Das war in deiner Generation nicht selbstverständlich. Wir haben dich alle dafür bewundert. Ich glaube, ich habe dir leider nicht oft genug „Danke“ und „ich hab dich lieb“gesagt.

Du hast jeden Raum
Mit Sonne geflutet
Hast jeden Verdruss
Ins Gegenteil verkehrt

Aus „der Weg“ von Herbert Grönemeyer

 

 

Der Rohraff

Wir hatten einmal eine Kneipe in Kehl die hatte den Namen „Rohraff“

„Der Rohraffe beschimpfte sowohl die Gläubigen als auch den Klerus in der Kirche. In Strasbourg und Freiburg gibt es zur Erinnerung noch so einen „Scherzregister“ an der Orgel. Solche Register mit durchaus tieferer Bedeutung haben eine lange Tradition im Orgelbau. An der Gabler-Orgel in Ochsenhausen erscheint ein Ochse der “Kuckuck” ruft, an den Orgeln in den Münstern zu Straßburg und Freiburg droht der “Rohraffe”, im Trierer Dom flötet gar Gott Pan, an der Tauberbischofsheimer Orgel grunzt die “Tauberkröte”.

orgel1

Als diese Kneipe zur Verpachtung ausgeschrieben wurde spielten wir und eine befreundete Journalistin gerade mit der Idee eine Kneipe aufzumachen. Einer der den Pfarrer verspottet und Gegenrede zur Predigt führt, der erschien uns mehr als passend als Namensgeber dafür. Das entsprach unserer eigenen Einstellung. So wurden wir Pächter. Die Idee war mit Kunst, Musik, Theater und Lesungen ein kulturell interessiertes Publikum zu begeistern. Kontakte zur Szene hatten wir genug. Ein Weinstube sollte es sein mit guten Weinen aus Baden und dem Elsaß und natürlich Spirituosen aus aller Welt.

Zur Eröffnung gab es die erste Vernissage mit Bildern von Künstlern aus der Ortenau. Eine Freundin von uns, auch ein Fachwerkhausliebhaberin und Malerin und weitere örtliche Künstler stellten gerne bei uns aus. Aus Baden-Baden kamen viele Gäste vom Rundfunk und von SWR3.  Es wurde ein voller Erfolg.

Es folgten viele Wochenenden mit Veranstaltungen. Ein Abend mit irischer Musik, mit vielen irischen und englischen Gästen vom Europarat, die uns fast den gesamten Vorrat an irischem Whiskey austranken. Eine Vernissage mit Bildern von Kindern aus einem Kinderheim auf Zypern mit Versteigerung zugunsten des Heims und das Knast-Theater Freiburg spielte bei uns. Lesungen von Gedichten und Büchern und auch Vorträge von politisch kritischen Journalisten rundeten das Programm ab. Meine Partner reisten viel für ihre Reportagen und bauten die Kontakte auf. Weitere Musikabende, Ausstellungen und Lesungen reihten sich aneinander.

Wir hatten romantische Vorstellungen von der Möglichkeit zu guten Gesprächen und Kontakten mit der Kneipe. Das war aber sehr schwierig zu gestalten, denn wir hatten kaum Zeit dazu. Wir waren alle weiterhin in unseren Berufen tätig. Meine Partner waren journalistisch tätig, mein Freund außerdem als Musiker unterwegs, ich arbeitete als Buchhändlerin. Die Organisation fraß enorm viel Zeit. Die Vorräte mussten eingekauft, die Räume gewischt, die Küche gewienert und die Events publik gemacht werden. Und dann am Abend waren wir Bedienung und Barpersonal in einem.

Man glaubt nicht was man dann nächtens an der Bar so alles erzählt bekommt. Man ist dann auch noch Seelendoktor der verlorenen Herzen. An der Grenze gab es damals längere Öffnungszeiten und ab 2 Uhr nachts kamen dann oft die Einsamen und die Frustrierten. Hinter der Bar stehend konnte man den Gesprächen nicht ausweichen und hörte alle Dramen dieser Welt. Mit dem Anstieg des Alkoholpegels wurden die Hemmungen immer geringer das Innere nach Außen zu kehren. Um Vier war endlich Schluß und dann war man meist totmüde und selbst reif für eine Therapie.

Nach zwei Jahren waren wir uns einig, dass dies nicht so unser Metier sei. Bei allem Erfolg und dem Spaß an den Kontakten wurde uns klar dass dies ein Vollzeitjob ist und keiner von uns wollte seinen Beruf aufgeben. Die Romantik war verloren gegangen. So gaben wir das Projekt erleichtert auf.

Nicht lange danach, in Irland, fing dann die Geschichte mit dem Musikinstrumenten-Import an. Nachzulesen in meinem älteren Beitrag „Wie wir zu Dudelsack-Importeuren wurden“.

 

 

Geschichten aus der Vergangenheit

Mit meinem ehemaligen Lebensgefährten zusammen haben wir, vor vielen Jahren, ein altes Fachwerkhaus in der badischen Rheinebene renoviert. Ganz nach der alter Tradition wurde es mit viel Eigenleistung zum Schmuckstück. Damals gab es einige Künstler und Journalisten die sich dafür begeistern konnten und diese alten Häuser aufkauften. Für die Dorfbewohner waren wir ein Rätsel. Sie wollten selber lieber in großzügigen Neubauten mit großen Fenstern und Komfort leben, als in den alten Häusern mit dunklen, kleinen Stuben.

Auch innen hatten wir den Anspruch authentisch zu sein. Den alten Brotbackofen und den Herd mit Wasserschiffchen behielten wir natürlich neben einem modernen Elektroherd. Eintöpfe gelangen hervorragend auf dem alten Holzherd. Und die Wärme war heimelig. So war unsere Küche ein beliebter Treffpunkt mit besonderem Flair.

Küche.1

 

Dies war früher kein reiches Bauernland und entsprechend klein und nah beieinander gelegen waren die Bauernhäuser und Grundstücke. Die Nachbarschaft sah also eher ungläubig zu, wie wir voller Begeisterung, die in ihren Augen alten Hütten, zu neuem Leben erweckten.

Downloadhaus.Rheinau

Wir waren ihnen suspekt und es benötigte sehr viel Zeit bis man sie mit viel Glück vielleicht in ein Gespräch verwickeln konnte. Unser VW-Bus, unsere Besucher aus aller Welt taten das ihrige dazu, dass wir die Nachbarn oft nur hinter vorgezogenen Vorhängen erahnen konnten. Es war die Zeit da wir Importeure von Musikinstrumenten waren und Musiker bei uns ein und ausgingen. Einige in „Hippie-Kleidung“ mit seltsamen Instrumentenkästen unter dem Arm, manche etwas rockiger gekleidet, wirkten wir alle so fremdartig auf sie,  dass sie sich lieber von uns fern hielten. Nur ein alter Zimmermann, fast 80 Jahre alt, freute sich, da er seine alte Handwerkskunst, Fachwerkbalken ohne Hammer und Nägel einzusetzen, vorführen konnte. Von ihm lernte ich aus was ein „Goisafuß“ (Geißfuß) ist. Mein Freund als Musiker  und ich, als Buchhändlerin, wir hatten bislang wenig mit Handwerkszeug zu tun und lernten nun mit Hammer, Säge und dem Geißfuß umzugehen. Es gab nichts Schöneres für mich wie nach der Arbeit in unserem Import mit der Axt im Hof Kleinholz zu spalten.  Aller Stress war dann wie weggeblasen.

Gegenüber unserem Haus wohnte eine badische Bauernfamilie. Ihr Haus war auch ein schmuckes Fachwerkhaus mit einer seltsamen Scheune. Neugierig geworden sprach ich den alten Bauern, als er einmal nicht ausweichen konnte, an und so kamen wir dann doch ins Gespräch. Der badische Dialekt war mir inzwischen vertraut. „Das ist ein Tabakschopf“ klärte er mich auf.

TabakschopfTabakscheune.1

Vor vielen Jahren hat man hier Tabak angebaut, erzählt er mir. Inzwischen sei der vom Mais abgelöst worden. Früher, da hätten die Frauen den frisch geschnittenen Tabak vor dem Trocknen aufgefädelt. Sie sind alle zusammen gesessen, die Weibsleut und das war ein Fest, meinte er und erzählte weiter: Als Kinder sind wir immer dabei gesessen und haben die Ohren gespitzt, da der gesamte Dorftratsch besprochen wurde und so manches Geheimnis ans Tageslicht kam. Danach hat man den Tabak im Schopf aufgehängt und bei schönen Wetter wurden die Luken geöffnet damit er Luft bekam und gut trocknete. Wenn er dann gut war, dann wurde er mit dem Pferdefuhrwerk nach Bruchsal gefahren. Da war man einen ganzen Tag unterwegs. Roth-Händle hätten sie dort hergestellt.

PferdewagenTabak

Seid ihr auch manchmal nach Straßburg rüber gefahren? Fragte ich, um noch etwas mehr zu erfahren. „Nein, um Gottes Willen, zum Franzos sind mir nie gange“, kam es sofort, „des ist doch der Erzfeind“. Sie nannten die Franzosen übrigens auch „de Wackes“ und im Dorf sprach sagte man noch „Ihr“ anstatt „Sie“ also 2.Person Plural. „Au mein Sohn geht it nüber “ ergänzte er noch, „des isch fei g’fährlich da Auto zu fahren. „Luuuuuuuuuiiiiiiiiiiissssssssss“, tönte es laut aus der Stube. „I muss nei, zu meiner Frau“ entschuldigte er sich und war weg. Danach gab es immer wieder einmal Gespräche, er war aufgetaut und wir waren ihm nicht mehr so fremd. Seine Frau läge seit zehn Jahren im Bett, erzählte er mir. Von der schweren Arbeit auf dem Hof  sei sie so schwer erkrankt.

Wir selbst waren oft in Frankreich. Kehl, das unsere nächste Stadt und eine typische Grenzstadt war, bot wenig Abwechslung, Einkaufsmöglichkeiten oder Lebensqualität und hatte keinen Charme. Also bevorzugten wir Strasbourg mit seinen wundervollen Kneipen, Restaurants und Marktzentren, in denen die Auswahl an frischen Spezialitäten aus aller Welt so umfangreich war, wie wir das in Deutschland nicht kannten.

Viele Einheimischen aber mieden es über die Grenze zu fahren. Seltsame Vorurteile wurden als Grund angegeben. Für uns war das völlig unverständlich. Aber wir waren ja auch nicht die typischen Dorfbewohner, waren viel gereist, hatten auch unser Haus in Irland und Musikerfreunde aus aller Welt. Auf dem Dorf schauten uns damals selbst die jungen Leute kritisch an. Sie waren in ihr Dorfleben eingebunden und damit zufrieden. Und ich denke, dass noch heute so Mancher in seiner dörflichen, kleinen Welt und dieser scheinbarer Idylle so lebt und Ressentiments gegenüber Unbekanntem und Fremden hat.

Später machten wir dann eine Kneipe mit Musik, Theater und Ausstellungen auf, aber das ist eine weitere Geschichte…..