Fotos: Sylvia Waldfrau
Alte Hausinschrift:
Fotos: Sylvia Waldfrau
Alte Hausinschrift:
Foto: Sylvia Waldfrau
Realität ist, was wir als wahr annehmen.
Was wir als wahr annehmen, ist was wir glauben.
Was wir glauben, basiert auf unseren Wahrnehmungen.
Was wir wahrnehmen, hängt davon ab, was wir suchen.
Was wir suchen, hängt davon ab, was wir wahrnehmen.
Was wir wahrnehmen, bestimmt, was wir glauben.
Was wir glauben, bestimmt, was wir für wahr halten.
Was wir für wahr halten, ist unsere Realität.
Gary Zukav
Ich habe schon immer gerne getanzt. Eigentlich lasse ich mich nicht gut führen, nur wenige Männer schafften es, mich trotzdem elegant über das Parkett schweben zu lassen.
Diese waren aber nie meine Partner, sondern Freunde oder Bekannte. Bei meiner Liebe zu Musik und Tanz hätte ich vielleicht einen von denen als Partner wählen sollen. Leider wählte ich die Nichttänzer, könnte das ein Fehler gewesen sein? Ist der Gleichklang beim Tanz ein Indiz von Harmonie?
Rückblickend schaue ich nochmals genau hin, was jeweils dazu führte, dass ich Einen erwählte. Man denkt, es müsste ein Muster geben, etwas Durchschaubares. Und wenn man das erkennt, dann wählt man vielleicht das nächste Mal den Richtigen. Hauptsache, die Emotionen sind überwältigend, dann wird auch die Beziehung gut? Ob der andere auf Dauer zu einem passt, darüber sagt solch ein magischer Moment aber leider wenig aus.
Die allermeisten Menschen können sich auf ihr Menschenkenntnis verlassen. Sie hören durchaus warnende Stimmen, wenn Sie auf einen ungeeigneten Kandidaten treffen. Aber sie gehen über sie hinweg. Das stimmt. Da bin ich zu mir selbst ehrlich. Was aber bewegt einen manchmal dazu einfach die Intuition zu ignorieren? Sind es die rosarote Brille und die Hormone, die den Verstand vernebeln?
Einmal übergab mir nach Beendigung einer Beziehung mein Ex alte Briefe von mir an ihn. Zuerst legte ich sie ungelesen zu Fotos und ähnlichen Erinnerungsstücken in einen Karton. Vor dem nächsten Umzug öffnete ich den und las alle Briefe nochmals durch. Schon in den ersten Briefen an meinen Ex beschrieb ich genau die Probleme, wegen denen ich mich dann letztendlich Jahre später trennte.
Ich entschied danach immer genau und im voraus meine Vorstellungen und Erwartungen auszusprechen. Versuchte keine Maske zu tragen, offen und ehrlich meine Gefühle zu zeigen und alle Probleme in Gesprächen zu klären. Eine gute Voraussetzung für eine gute Beziehung. Was aber, wenn das Gegenüber zustimmt, ähnliche Vorstellung zu haben scheint und dies aber nur Lippenbekenntnisse sind, die danach nicht gelebt werden können?
Letztendlich kommt jetzt die Frage hoch, will ich überhaupt noch einmal den Liebestanz wagen? Ich könnte mir auch einfach einen Tanzpartner suchen. Einen der mir eben nur den Tango beibringt, aber ansonsten keine Erwartungen hat. Und es wäre ein ruhigeres Leben. Aber vielleicht ist dann dieser Tänzer genau der, der mich dann wieder begeistert und der mich dazu bringt mich wieder auf einen neuen Liebestanz einlassen zu können. Wer weiß ?
Gestern als wir in der Sonne im Park saßen, beobachteten wir lange einen Speerwerfer, der übte. Wie auf einer Bühne stand er vor uns auf der Wiese im Sonnenlicht.
Zuerst stand er eine Weile ruhig und entspannt an einer Stelle und blickte starr in eine Richtung. Er bückte sich und hob etwas auf. Beim Aufrichten schien er die Schwere des Speeres in der flachen Hand abzuschätzen. Er scharrte dann leicht mit den Füßen um eine gute Startposition zu finden, streckte langsam und bedächtig den Arm hinter die Schulter, blickte zurück um die Balance des Speers zu prüfen, tänzelte ein paar Schritte um dann mit kraftvollen Schritten vorwärts zu streben und im Laufen den Arm nach vorn reißend machte er einige leichte Sprünge und schleuderte den Speer ab. Auf einem Fuß balancierend schien er einen Moment lang wie ein Tänzer im Sonnenlicht zu schweben, bevor er wieder fest auf der Erde stand. Lange schaute er dem davongleitenden Speer nach, als hätte er den Wunsch mitfliegen zu können. Wir dachten, wir hören das Schwirren des Speers, der die Luft teilt. Dann begann er die Übung von vorn.
Faszinierend war, dass er gar keinen Speer in der Hand hatte. Er übte einfach als hätte er ihn dabei und war völlig überzeugend.
Wir waren gefangen von seinen Bewegungen die harmonisch waren und uns wie ein sich immer wiederholender Tanz erschienen. Da der Park zur Psychiatrie-Klinik gehört, hatten wir wohl einen Patienten vor uns. Er hat uns überzeugt ein guter Speerwerfer zu sein.
„Die Verzweiflung schickt uns Gott nicht, um uns zu töten, er schickt sie uns, um neues Leben in uns zu erwecken“ Aus Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel