Willkommen in der Realität

„Willkommen in der Realität“ sagte ich heute zu meinem Ex. Endlich  haben wir eine Wohnung für ihn gefunden. Sie ist einfach und klein, aber er wollte nicht mehr zahlen und hatte unrealistische Vorstellungen was man dafür bekommen kann. Nun nörgelt er, hat sich selbst aber überhaupt nie bemüht. Ich habe auf so viele Inserate geschrieben, mit so vielen Vermietern telefoniert,  Besichtigungstermine vereinbart und zum Dank höre ich nun nur Kritik an der Wohnung. Er ist Ausländer und ich habe gespürt, dass es da Ressentiments gab, auch wenn es nicht zugegeben wurde. Da wurden Bürgschaften von mir erwartet, Einblicke in private Dokumente verlangt und das ging weit über das hinaus was üblich ist und es war eindeutig aufgrund seiner Nationalität. Nun gibt es endlich ein Chance und er erkennt nicht, dass er froh darüber sein sollte. Man kommt ihm ohne Vorurteile entgegen und er stellt noch unberechtigte Forderungen  Hoffentlich kann ich das auffangen.

Dankbarkeit hatte ich ja schon gar nicht mehr erwartetet, aber wenigstens Respekt davor, dass ich mich so bemüht habe, obwohl es nicht meine Aufgabe war. Nun muss er lernen dass er nicht mehr so bequem leben kann. Ich war seine Übersetzerin, Integrationsbeauftragte und Vermittlerin. Leider bemühte er sich immer weniger  sich selbst zu informieren und weigerte sich auch immer mehr überhaupt Ratschläge anzunehmen. Es kostete mich unendlich viel Kraft das noch auszuhalten. Seit neun Monaten weiß er, dass ich mich trennen will, aber er ignorierte es einfach  total.

Am Mittwoch kann er nun den Mietvertrag unterschreiben und ich hoffe inständig, dass er das auch tut und endlich auszieht. Er ist nun so viele Jahre hier und ist doch nicht angekommen. So schwierig ist es teilweise mit der Integration und den zu großen Träumen, die sich nicht so einfach verwirklichen lassen.

Pause

Fotos: Sylvia Waldfrau

Ich war, durch verschiedene Umstände, etwas abwesend. Musste leider feststellen, dass recht haben und recht bekommen zweierlei Schuhe sind. Das muss ich nun erst einmal verarbeiten. Ich hoffe aber bald hier wieder mehr zu lesen und zu schreiben.

Aber dafür habe ich mir die Vergrößerung drei meiner Fotos gegönnt und zwei bereits gerahmt. Manchmal muss man sich etwas Gutes tun. Dies sind die Fotos:

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zwei gerahmt, deshalb schwieriger zu fotografieren:

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Loslassen

Ich kann es nicht mehr hören und lesen. All die guten Ratschläge der sogenannten „Trennungsratgeber“. Selbst wenn man guten Willens ist eine Lösung zu finden, dann muss das  mit betroffene Gegenüber auch mitspielen wollen. Es sind immer ZWEI im Guten wie im Bösen.

Was tun, wenn sich der Betroffene den Teufel darum schert, wie man die Situation auflösen kann?  Wenn er nicht loslassen will, aus purer Bequemlichkeit kombiniert mit Sturheit?  Wenn er für keinerlei Informationen mehr zugänglich ist, überhaupt nicht mehr zuhört und man weiß, dass die Konsequenzen daraus vielleicht für ihn dann ein Schock sein werden. Dafür gibt es keine Ratgeber.

Man selbst verharrt dann in einer andauernden Situation, die man so nicht mehr ertragen will und kann. „Geduld“ wird einem angeraten. Aber die Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt und das Warten geht an die Substanz. Nur wenige im Umfeld haben unaufgefordert Zeit und Geduld ein wenig mittragen zu wollen und etwas Ablenkung anzubieten. Denen, die einfach da sind, ist man dann sehr dankbar.

Ein ruhiges Vier-Augen-Gespräch, in dem der Trennungswillige seinem Partner seine Beweggründe offen erklärt, Rückfragen zulässt und einfühlsam und nicht verletzend antwortet, ist wohl die „idealste“ Art, sich zu trennen. Das las ich in einem Online-Ratgeber.

Ich mag so etwas nicht mehr lesen. Natürlich wäre das die beste Art sich zu trennen. Was aber wenn, egal was man sagt, das Gegenüber ablehnend reagiert?  Wenn die Mauern inzwischen so hoch geworden sind, dass man sogar schreiend nicht mehr  gehört wird?Wenn einer sich wie ein Maulwurf vergräbt und keinen Zentimeter mehr bewegt? Dann sitzt man erstarrt da und weiß keinen Weg heraus.

Zuletzt mag man eigentlich nicht mehr darüber reden, sich nicht einmal mehr Luft verschaffen, nicht mehr jammern. Nur noch einmal will ich, jetzt und hier, das Elend in Worte fassen und ins Universum schicken, damit ich nicht daran ersticke.

 

Wenn sich die
Wolken jemals
wieder aus ihrem
grauen Kostüm
befreien werden,
will ich Dich wissen lassen:
Ich habe Dich überstanden.

Claudia Mahlzahn

Foto: Sylvia Waldfrau

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